Intensivpfleger können keine freien Mitarbeiter sein

Das LSG Essen hat am 26.11.2014 entschieden, dass auf einer Intensivstation eingesetzte Pflegekräfte als Arbeitnehmer tätig sind und die Klinik für sie Sozialversicherungsbeiträge zahlen muss (L 8 R 573/12).

Belastungsspitzen im Pflegebereich werden aktuell noch durch den Einsatz auf selbständiger Basis arbeitender Pflegekräfte aufgefangen. In einem Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund hatte ein Kläger, der auf der Basis von Dienstleistungsverträgen in den Intensivstationen verschiedener Krankenhäuser, tätig wurde, die Feststellung beantragt, dass er diese Arbeiten als Selbständiger verrichte und nicht der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung unterliege. Er trug übereinstimmend mit der zum Verfahren beigeladenen Klinik vor, er könne sich die Patienten, die er auf der Intensivstation pflege, unabhängig von der ärztlichen Leitung, der Pflegedienst- oder der Stationsleitung selbst aussuchen, unterliege nur im geringem Maß ärztlichen Weisungen und halte sich bei seiner Arbeit nicht an die individuellen Qualitätsstandards der Klinik, sondern an nationale Expertenstandards.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts sind jedoch die Voraussetzungen einer abhängigen, zur Sozialversicherung führenden Beschäftigung gegeben. Ausschlaggebend sei die vollständige Eingliederung des Klägers in die organisatorischen Abläufe der Intensivstation, die am Wohl der schwerstkranken Patienten als oberstem Gebot orientiert sein müssten und daher in allen entscheidenden Punkten ärztlichen Vorgaben unterlägen. Die in diesem engen Rahmen etwa gegenüber angestellten Pflegekräften größeren Freiheiten des Klägers reichen nicht aus, von weitgehender Weisungsfreiheit auszugehen, wie sie typisch für einen selbständigen Unternehmer sei. Da der Kläger nach geleisteten Stunden bezahlt werde, trage er im Übrigen auch kein unternehmertypisches wirtschaftliches Risiko.

Der Senat hat die Revision zum BSG nicht zugelassen.

Krankenversicherungsschutz für Studenten

Das BSG hat am heutigen 15.10.2014 entschieden, dass die Versicherungspflicht als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung (KVdS) auch im Fall des nahtlosen Vorliegens von Hinderungsgründen spätestens mit dem 37. Lebensjahr endet (B 12 KR 17/12 R).

Noch die Vorinstanzen hatten dem Anspruchsteller aufgrund seiner Erkrankungen bzw. Behinderungen eine Versicherungspflicht in der KVdS bis zur Vollendung seines 41. Lebensjahres zuerkannt.

Das BSG ist den Vorinstanzen nicht gefolgt. Lägen für die Überschreitung der Altersgrenze ursächliche Hinderungsgründe vor und bestünden sie über den Zeitpunkt der Vollendung des 30. Lebensjahres hinaus nahtlos fort, verlängerten sie die Versicherungspflicht nicht zeitlich unbegrenzt. Vielmehr habe sich das Fortdauern des kostengünstigen Versicherungsschutzes als Student an dem maximalen Zeitrahmen zu orientieren, den das Gesetz auch vor Vollendung des 30. Lebensjahres für das nicht verzögerte Erreichen eines Studienabschlusses akzeptiere. Das seien 14 Fachsemester, mithin sieben Jahre. Die Höchstdauer der Versicherungspflicht als Student reiche also längstens bis zur Vollendung des 37. Lebensjahres.

Eine vom Kläger gerügte Verletzung des Diskriminierungsverbots (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG) und der UN-Behindertenrechtskonvention liegt nach Ansicht des BSG nicht vor. Auch zu Gunsten behinderter Menschen bestünde kein Anspruch auf eine bestimmte Art der Durchführung der Gesundheitsversorgung, insbesondere nicht darauf, die kostengünstig ausgestaltete Versicherungspflicht als Student zeitlich unbegrenzt zur Verfügung gestellt zu erhalten.

Regelbedarfsleistungen derzeit noch verfassungsgemäß

Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches sind derzeit noch verfassungsgemäß. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 23. Juli 2014 entschieden. Die Anforderungen des Grundgesetzes, tatsächlich für eine menschenwürdige Existenz Sorge zu tragen, würden im Ergebnis nicht verfehlt.

Unter anderem das Sozialgericht Berlin hatte die im Jahr 2011 geänderten Regelungen zur Ermittlung und Festsetzung der Regelbedarfe für verfassungswidrig gehalten, zwei Verfahren ausgesetzt und die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelbedarfe dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

Das Bundesverfassungsgericht bestätigt mit dem jetzt veröffentlichten Beschluss, dass das Grundrecht auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums in Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG garantiert ist. Dieser Anspruch erstrecke sich auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung der physischen Existenz sowie zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben.

Die Auswahl einer tauglichen und sachgerechten Methode zur Ermittlung dieser Bedarfe und zur Berechnung der Leistungen komme dem Gesetzgeber zu. Er dürfe keine Methode wählen, die existenzsichernde Bedarfe ausblendet, müsse die Berechnung fortwährend überprüfen und falls erforderlich weiterentwickeln.

Das BVerfG stellt nun fest, dass die Festsetzung der Gesamtsumme für den Regelbedarf nicht erkennen ließe, dass der existenzsichernde Bedarf nicht gedeckt sei. Mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) stütze sich der Gesetzgeber auf geeignete empirische Daten. Auch die Entscheidung, bei der EVS 2008 nur noch die einkommensschwächsten 15 % der Haushalte als Bezugsgröße heranzuziehen (statt wie zuvor die unteren 20 %), sei sachlich vertretbar. Ergeben sich erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Deckung existenzieller Bedarfe, läge es aber im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, rechtzeitig geeignete Nacherhebungen vorzunehmen, Leistungen auf der Grundlage eines eigenen Index zu erhöhen oder Unterdeckungen in sonstiger Weise aufzufangen. Das gälte beispielsweise für den Haushaltsstrom, wo der Gesetzgeber im Falle außergewöhnlicher Preissteigerungen verpflichtet sei, die Berechnung schon vor der regelmäßigen Fortschreibung anzupassen.

Die teilweise gesonderte Deckung von existenzsichernden Bedarfen, insbesondere über das Bildungspaket und das Schulbasispaket, sei vom Gesetzgeber tragfähig begründet. Allerdings müssen die Bildungs- und Teilhabeangebote für die Bedürftigen auch tatsächlich ohne weitere Kosten erreichbar sein; daher ist die neu geschaffene Ermessensregelung zur Erstattung von Aufwendungen für Fahrkosten als Anspruch auszulegen.

Der Gesetzgeber habe schließlich auch tragfähig begründet, warum sich die Fortschreibung der Regelbedarfe an die bundesdurchschnittliche Preis- und Lohnentwicklung anlehnt. Die Preisentwicklung müsse allerdings – wie geschehen – im Vergleich zur Lohnentwicklung stärker gewichtet werden, weil gerade bei Leistungen zur Deckung des physischen Existenzminimums deren realer Wert zu sichern ist.

Es bleibt nun abzuwarten, wie die konkreten Hinweise in der Entscheidung die Praxis der Jobcenter und Sozialgerichte beeinflusst.

Volle Regelsätze nach dem SGB XII auch für nicht allein lebende Behinderte

Das Bundessozialgericht hat am 23.07.2014 in drei Fällen entschieden, dass erwachsenen Leistungsberechtigten, die keinen eigenen Haushalt führen, jedoch nicht als Ehegatte, Lebenspartner oder in ähnlicher Gemeinschaft den Haushalt gemeinsam führen, Leistungen der Regelbedarfsstufe 1 (d.h. 100 %) zustehen (Az. B 8 SO 14/13 R, Az. B 8 SO 31/12 R und Az. B 8 SO 12/13 R).

Das BSG tritt damit der weit verbreiteten sozialhilferechtlichen Praxis entgegen, die nur 80 % des Regelsatzes für angemessen hält.

Für eine Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 1 ist es nicht entscheidend, dass ein eigener Haushalt vollständig oder teilweise alleine geführt werde. Vielmehr genügt es, dass der Leistungsberechtigte einen eigenen Haushalt gemeinsam mit Personen führt, die nicht Partner sind. Bei einer gemeinsamen Haushaltsführung beim Zusammenleben von Erwachsenen ist nicht die individuelle Fähigkeit der Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft, einen Haushalt auch ohne Unterstützungsleistungen eines anderen allein meistern zu können, ausschlaggebend. Die Beteiligung an der Haushaltsführung im Rahmen der jeweiligen geistig-seelischen und körperlichen Leistungsfähigkeit ist ausreichend. Das ist nach den jetzigen Entscheidungen des BSG sowohl beim Zusammenleben in einer Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderungen als auch beim Zusammenleben der Leistungsberechtigten mit ihren Eltern regelmäßig der Fall.

Wichtig ist es, jetzt einen Überprüfungsantrag auf Korrektur eventuell falscher Leistungsbescheide zu stellen. Dann müssen die Leistungen auch rückwirkend ab dem 01.01.2013 nachgezahlt werden.

Anspruch auf Erstausstattung verwirkt nicht

Das Landessozialgericht Celle-Bremen hat am 27.05.2014 entschieden, dass der Anspruch auf Erstausstattung einer Wohnung mit einer Waschmaschine nicht dadurch verwirkt wird, dass der Leistungsempfänger längere Zeit keine eigene Waschmaschine nutzt (L 11 AS 369/11).

In dem entschiedenen Fall hatte die Klägerin zunächst eine Waschmaschine mit Ehemann und Lebensgefährten geteilt, und nach der Trennung einen Waschsalon genutzt. Der Antrag auf Zuschuss zur Waschmaschine wurde vom zuständigen Landkreis (Jobcenter) abgelehnt. Dieser gewährte lediglich ein Darlehen mit der Begründung, dass ein Zuschuss nur für die Erstausstattung gewährt werden könne.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts Celle-Bremen umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes zwar die Kosten für den Hausrat und damit auch die Kosten für die Anschaffung einer Waschmaschine.

Allerdings werden nach dem SGB II (§ 23 Abs. 3 SGB II a.F. und § 24 Abs. 3 SGB II n.F.) für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten zusätzliche Leistungen erbracht. Eine Waschmaschine zählt unstreitig zu den für eine geordnete Haushaltsführung erforderlichen Haushaltsgeräten. Der Begriff der Erstausstattung ist dabei nicht streng zeitbezogen, sondern bedarfsbezogen zu verstehen. Steht nach einer Trennung keine Waschmaschine in der Wohnung mehr zur Verfügung, kann ein Bedarf an „Erstausstattung“ mit einer Waschmaschine vorliegen, der vom Leistungsträger zu decken ist.

Im jetzt entschiedenen Fall ist mit der Trennung vom Partner und Umzug ein neuer Bedarfsfall entstanden. Dem Anspruch auf Erstausstattung steht nicht entgegen, dass die Klägerin zunächst ohne eigene Waschmaschine ausgekommen ist. Dass die Klägerin zunächst einen Waschsalon genutzt hat, bedeutet nicht, dass der Anspruch verwirkt ist. Insbesondere kommt es in dem vorliegenden Fall nicht darauf an, ob am Umzugsort ein Waschsalon zur Verfügung stehe. Selbst wenn wieder außer Haus gewaschen werden könnte, muss sich die Klägerin nicht darauf verweisen lassen.

Berliner Wohnaufwendungenverordnung unwirksam

Das Bundessozialgericht (B 14 AS 53/13 R) hat am 04.06.2014 ein Urteil des LSG Berlin-Brandenburg bestätigt, das die Wohnungsaufwendungenverordnung (GVBl Berlin 2012, 99 – WAV) für unwirksam erklärt hat.

Kern der WAV ist eine Gesamtangemessenheitsgrenze für eine Bruttowarmmiete. Ein solches Bruttowarmmietenkonzept ist zwar grundsätzlich zulässig, es entbindet die Jobcenter jedoch nicht von der Bestimmung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Einzelfall.

In der WAV wird zur Bestimmung des Heizkostenbedarfs die rechte Spalte des bundesweiten Heizspiegels zugrunde gelegt, deren Werte Ausdruck für „zu hohe“ Heizkosten sind und die Leistungsberechtigten grundsätzlich begünstigt.

Das Bundessozialgericht hat jedoch bereits wiederholt entschieden, dass dieser Grenzwert nicht zur Bestimmung der angemessenen Heizkosten geeignet ist, sondern nur als ein Grenzwert im Einzelfall, der weitere Nachprüfungen erforderlich macht. Mit der Rechtswidrigkeit dieser Grenze ist die WAV insgesamt rechtswidrig und unwirksam.

Antragspflicht für Leistungen nach dem SGB II

Das Bundessozialgericht hat am 02.04.2014 (B 4 AS 29/13 R) bekräftigt, dass auch unter Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes ein Arbeitslosengeldantrag nach dem SGB III nicht den Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II umfasst. Arbeitslosengeld und Alg II bzw. Sozialgeld unterscheiden sich im Hinblick auf Anspruchsvoraussetzungen, Leistungssystem und -verantwortung grundlegend.

Die Arbeitsagentur verstößt nicht gegen die ihr obliegende Beratungspflicht nach §§ 14, 15 SGB I , wenn sie für den Fall, dass das Arbeitslosengeld I nicht zum Bestreiten des Lebensunterhalts genügt, nicht auf die Möglichkeit des Antrages nach SGB II hinweist.

Berücksichtigung von Provisionen bei der Elterngeldberechnung

Das Bundessozialgericht hält auch aktuell (Entscheidungen vom 26.03.2014: B 10 EG 7/13 R; B 10 EG 12/13 R; B 10 EG 14/13 R) an seiner Rechtsprechung fest, dass Umsatzbeteiligungen, die einem Arbeitnehmer neben dem monatlichen Grundgehalt für kürzere Zeiträume als ein Jahr und damit mehrmals im Jahr nach festgelegten Berechnungsstichtagen regelmäßig gezahlt werden, bei der Berechnung des Elterngelds als Einnahmen zu berücksichtigen sind.

Aus § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG und der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift ergibt sich allerdings, dass Provisionen bei der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben, soweit sie nicht zum arbeitsvertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt gezahlt werden und durch Voraus- oder Nachzahlung in den Bemessungszeitraum für das Elterngeld verlagert werden. In diesem Fall gleichen sie Zahlungen, die – wie etwa eine Abfindung oder Jubiläumszuwendung – nur ganz vereinzelt oder einmalig erbracht werden und deren Berücksichtigung dazu führen könnte, dass die im Bemessungszeitraum vorliegenden wirtschaftlichen Verhältnisse, an die das Elterngeld anknüpfen will, unzutreffend abgebildet werden.

Beitragspflicht für geerbte Leistungen aus betrieblicher Altersversorgung

Die gesetzliche Krankenversicherung darf bei der Bemessung der Beiträge die an eine Versicherte ausgezahlten Kapitalleistungen aus Lebensversicherungen zugrunde legen, die der Arbeitgeber ihres verstorbenen Ehemannes als Direktversicherung abgeschlossen hatte.

Die Leistungen sind der Rente vergleichbare Einmalzahlungen aus betrieblicher Altersversorgung, nicht aber Vermögenswerte, die ihr im Rahmen einer Erbschaft zugefallen sind und daher nicht beitragspflichtig wären.

Erzielt der Hinterbliebene Leistungen aus einer Lebensversicherung aufgrund eines eigenen Bezugsrechts, ist auch nach der Rechtsprechung des BGH der Auszahlungsanspruch gegen den Versicherer nicht dem Nachlass des Erblassers zuzuordnen und geht daher nicht erst im Wege der Erbfolge auf den Begünstigten über.

Das gewonnene Ergebnis verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, etwa die Erbrechtsgarantie oder den allgemeinen Gleichheitssatz (so das Bundessozialgericht, Sitzung vom 05.03.2014, B 12 KR 22/12 R).

Fiktive Genehmigung einer Knieglenksprothese

Das Sozialgericht Dessau-Roßlau entschied am 18.12.2013 (S 21 KR 282/13), dass ein gesetzlich Krankenversicherter einen Anspruch auf die Versorgung mit einer Kniegelenksprothese hat, wenn die Krankenkasse nach Eingang des Antrags mehr als drei Wochen untätig bleibt.

Die Krankenkasse hatte weder innerhalb von drei Wochen entschieden, noch Gründe für eine Überschreitung dieser Frist schriftlich mitgeteilt. Nach dem Gesetz (§ 13 SGB V) gelte die beantragte Versorgung damit als genehmigt. Diese fiktive Genehmigung dürfe übrigens nicht – anders als ein fehlerhafter Bescheid – zurückgenommen werden.

Teure Prothese

Das Sozialgericht Heilbronn (S 15 KR 4576/11) entschied zugunsten einer jungen Frau, der seit der Geburt die linke Hand und der linke Unterarm fehlten. Sie kann die Kosten für eine elektrisch betriebene Armprothese von der Krankenkasse ersetzt verlangen, obwohl deren Kosten, die einer herkömmlichen Prothese über 29.000 Euro überstiegen. An der teuren Prothese können alle fünf Finger über die Muskelspannung der Haut bewegt werden. Das stellte nach Ansicht des Sozialgerichte einen echten Vorteil dar, der die Krankenkasse zum Ersatz zwingt. Die günstigere Prothese gewährleistete nur das Bewegen von drei Fingern.

Rentenpaket der Bundesregierung – Erwerbsminderung

Die Bundesregierung hat beschlossen, die Zurechnungszeit für die Berechnung der Erwerbsminderungsrente von 60 auf 62 Jahre zu verlängern. Das heißt, Erwerbsgeminderte werden so gestellt, als ob sie mit ihrem bisherigen durchschnittlichen Einkommen zwei Jahre länger als bisher gearbeitet hätten. Die Verlängerung soll in einem Schritt zum 01.07.2014 erfolgen.

Als weiterer Vorteil für Erwerbsminderungsrentner wird die sogenannte „Günstigerprüfung“ eingeführt. Bislang wurde die Zurechnungszeit auf Grundlage des Durchschnittsverdiensts während des gesamten Erwerbslebens bis zum Eintritt der Erwerbsminderung bewertet. Zukünftig sollen die letzten vier Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung aus der Berechnung herausfallen, wenn sie die Ansprüche mindern. Das heißt Einkommenseinbußen in den letzten Jahren vor dem endgültigen Eintritt der Erwerbsunfähigkeit, die nicht selten sind, wirken sich zukünftig nicht mehr negativ auf die Höhe der Erwerbsminderungsrente aus.

Kein Erstattungsanspruch des Jobcenters gegenüber der Rentenversicherung

Alters- oder Erwerbsminderungsrentner, die nach einem Leistungsbezug vom Jobcenter in die Rente gehen, erhalten seit dem letzten Jahr immer häufiger die Nachzahlung wegen einer rückwirkend bewilligten Rente vom gesetzlichen Rentenversicherungsträger direkt ausgezahlt. Hintergrund ist, dass das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 31.10.2012 – B 13 R 11/11 R – entschieden hat, dass dem SGB II-Träger (Jobcenter) kein Erstattungsanspruch zusteht. Denn wenn der Leistungsempfänger bereits bei Bewilligung des Alg II voll erwerbsgemindert war, besteht von vornherein kein Anspruch auf Leistungen vom Jobcenter. Die Rückforderung setzt aber voraus, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld II nachträglich entfällt. Diese Vorgehensweise führt zu erheblichen Folgeproblemen in der Praxis, wenn durch den einmaligen Geldzufluss Sozialleistungen z.B. für die Bedarfsgemeinschaft entfallen.

Kindergeld und Schulbesuch

Der ZEIT liegt ein unveröffentlichtes Gutachten des Rechtswissenschaftlers Eberhardt Eichenhofer vor, das der Forderung, den Kindergeldbezug an den Schulbesuch zu knüpfen, eine Absage erteilt. Er führt zudem aus: „Der deutsche Sozialstaat ist nicht der Sozialstaat der Deutschen, sondern schützt und fördert die in Deutschland wohnenden und beschäftigten Menschen, einerlei, welche Staatsangehörigkeit sie haben“.

Kein Geld vom Jobcenter für die Zahnspange

Das Bundessozialgericht hat festgestellt, dass Behandlungskosten des Kieferorthopäden keinen unabweisbaren Bedarf darstellen.

Zunächst hat der Leistungsberechtigte den Bedarf gegenüber der Krankenkasse geltend zu machen. Erst nachdem diese die Leistungsgewährung ablehnt, kann, wenn es sich gleichwohl um einen medizinisch notwendigen Bedarf handelt, eine Bedarfsdeckung durch existenzsichernde Leistungen des Jobcenters in Betracht kommen.

Wird eine kieferorthopädische Versorgung durch die gesetzliche Krankenversicherung gewährt, erbringt sie die medizinisch notwendige Versorgung. Die medizinische Notwendigkeit für die ergänzenden Behandlungsmaßnahmen des Kieferorthopäden soll dann bereits aus diesem Grunde nicht gegeben sein.

BGH: Zur Unterbrechung der Stromversorgung

Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage befasst, ob ein Versorgungsunternehmen die Stromversorgung wegen Zahlungsverzugs unterbrechen kann, wenn der Kunde die erteilte Jahresrechnung mit der Begründung nicht bezahlt, sie enthalte nicht gerechtfertigte Preiserhöhungen.

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Beklagte gemäß § 19 Abs. 2 StromGVV zur Unterbrechung der Stromversorgung berechtigt war. Der Kläger schuldete aus der Jahresrechnung bereits aufgrund des bei Vertragsschluss vereinbarten Anfangspreises einen Betrag, der unabhängig von den streitigen Preiserhöhungen  war. Diese Forderung ist auch fällig geworden und rechtfertigte die Unterbrechung der Stromversorgung. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, dass der Kläger auch die Billigkeit der Anfangspreise in Abrede gestellt habe. Denn bei den bei Vertragsbeginn verlangten, allgemein bekannt gemachten Preisen handelt es sich um vereinbarte Preise, die keiner Billigkeitskontrolle unterliegen.

Urteil des BGH vom 11. Dezember 2013 – VIII ZR 41/13

Beitragserlass bis zum Jahresende beantragen

Bisher nicht versicherte Versicherungspflichtige können noch bis zum Jahresende einen Antrag auf Beitragserlass stellen. Voraussetzung dafür ist, dass im zu erlassenden Zeitraum keine Leistungen (Arztbesuche, Krankengeld etc.) in Anspruch genommen wurden.