Krankenversicherung für freie Journalisten

Freie Journalisten, die freiwillig in das Versorgungswerk der Presse GmbH eingezahlt haben, müssen aus den daraus gezahlten Renten keine Krankenversicherungsbeiträge entrichten. Das hat das Bundessozialgericht am 10. Oktober 2017 in einem Urteil zum Aktenzeichen B 12 KR 2/16 R entschieden.

Versicherungsleistungen aus dem Versorgungswerk der Presse sind weder Renten für Angehörige bestimmter Berufe noch zur betrieblichen Altersversorgung. Das Versorgungswerk der Presse ist lediglich vermittelnd tätig. Es handelt sich nicht um eine Versorgungseinrichtungen im Sinne des Beitragsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung. Das gilt auch, wenn der gesamte Geschäfts- und Zahlungsverkehr zwischen den Versicherungsgesellschaften und den Versicherungsnehmern übernommen wird, ohne selbst Gläubiger oder Schuldner aus den abgeschlossenen Versicherungsverträgen zu werden.

Das Urteil betrifft aber nur freie Journalisten. Angestellte Redakteure, die auf der Grundlage einer Tarifvereinbarung in die Presseversorgung einzahlen, müssen aus den so erworbenen Renten Krankenkassenbeiträge zahlen.

Pressemitteilung vom 10.10.2017, B 12 KR 2/16 R

Sozialversicherungspflicht eines Facharztes für Anästhesie im Krankenhaus

Ein im OP-Bereich eines Krankenhauses regelmäßig tätiger Anästhesist geht einer abhängigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach, auch wenn er für verschiedene Kliniken tätig ist.

Es besteht Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Das entschied die Deutsche Rentenversicherung nach einem Statusfeststellungsantrag einer der Kliniken. Das Hessische Landessozialgericht in Darmstadt bestätigte diese Entscheidung in seinem Urteil vom 10.08.2017, L 1 KR 394/15.

Gründe für die Entscheidung waren folgende Tatsachen: Die Vergütung des Arztes erfolgte auf Stundenbasis. Er nutzte die die Arbeitsgeräte der Klinik. Er war in die Krankenhausorganisation eingebunden und damit Teil des Teams aus Pflegekräften und Ärzten. Ein Unternehmerrisiko war nicht ersichtlich.

Das LSG Hessen hatte bereits zuvor entschieden, dass eine OP-Krankenschwester (L 8 KR 84/13) und Pflegefachkraft in einem Pflegeheim (L 1 KR 551/16) regelmäßig abhängig beschäftigt sind.

Das Gericht befindet sich mit seinen Entscheidungen in guter Gesellschaft. Auch das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen urteilte, dass Honorarärzte, die in den Stationsalltag einer Klinik eingebunden sind, einen festen Stundenlohn erhalten, nicht am Gewinn- und Verlust der Klinik beteiligt sind und kein eigenes Kapital oder Betriebsmittel einsetzen, abhängig beschäftigt sind.

Dass das Direktionsrecht des Arbeitgebers laut Honorararztvertrag eingeschränkt ist, ist aber bei Diensten höherer Art üblich und kein Argument für eine Freiberuflichkeit (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.12.2015, L 2 R 516/14)

Zur Versicherungspflicht von Honorarärzten

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt eine abhängige Beschäftigung dann vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern.

Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder Selbständigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen. Bei der Abwägung müssen alle nach Lage des Einzelfalles relevanten Indizien berücksichtigt und innerhalb einer Gesamtschau gewichtet und gegeneinander abgewogen werden.

Das führt bei der Prüfung der Tätigkeit von Ärzten, die neben ihrer Tätigkeit in der eigenen Praxis für Krankenhäuser tätig sind zu den unterschiedlichsten Einschätzungen der Gerichte:

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 20.08.2015 (L 4 R 1001/15) festgestellt, dass die ausgeübte Tätigkeit als Arzt im Rahmen der Rufbereitschaft in einem abhängigen und in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis erfolgt. Eine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung besteht bei hauptberuflicher Tätigkeit als niedergelassener Vertragsarzt daneben aber nicht.

Das LSG Baden-Württemberg macht damit deutlich, dass Krankenhäuser Ärzte nicht „auf Abruf“ selbständig beschäftigen können; Ärzte, die in Krankenhäusern Patienten behandeln, also in der Regel abhängig beschäftigt sind. Hintergrund ist, dass eine weisungsfreie, unternehmerische Tätigkeit in einem Krankenhaus mit strikt abgestimmten Arbeitsabläufen nicht denkbar ist. Etwas anderes soll für Konsiliarärzte, die punktuell Leistungen erbringen oder Honorarärzte, die zur Ausführung einzelner Operationen in die Klinik kommen, gelten. Die Tätigkeit des Belegarztes ist hiervon zu unterscheiden, weil der Belegarzt eigene Patienten und nicht Patienten der Klinik behandelt.

Das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern geht unter Berufung auf die oben genannten Abgrenzungskriterien des Bundessozialgerichtes im Urteil vom 28.04.2015 (L 7 R 60/12) von einer abhängigen Beschäftigung eines Notarztes aus. Für die abhänge Tätigkeit spreche, dass bei Übernahme eines Notarzt- bzw. Bereitschaftsdienstes die unbedingte Verpflichtung bestehe, die Dienstleistung zu erbringen. Der Arzt sei dadurch genauso in die Organisation der Klinik eingegliedert, wie dies bei einem „angestellten“ Arzt im Rahmen seines Bereitschaftsdienstes gewesen sei. Das Unternehmerrisiko des Arztes sei gering, flexible Arbeitszeiten seien auch in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen, vor allem bei Teilzeittätigkeiten anzutreffen. Das Entgelt des Arztes sei, wie auch bei sonst abhängigen Beschäftigten, typisch allein vom zeitlichen Einsatz abhängig, nicht hingegen etwa auch von der Güte bzw. dem Erfolg der verrichteten Dienste. Eigene Betriebsmittel sind nicht vorhanden. Rettungsgeräte, Einsatzfahrzeuge wurden nicht vom Arzt selbst „gestellt“ worden.

Dass das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg stellt dagegen mit Urteil vom 20.03.2015 (L 1 KR 105/13) für die Tätigkeit eines Notarztes im Rettungsdienst fest, dass eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Es hält die Faktoren des fehlenden Unternehmerrisikos, der Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation und das Nutzen fremder Arbeitsmittel für unerheblich. Auch dass der Arzt den Weisungen des Ärztlichen Leiters des Rettungsdienstes unterlag und der Zwang, sich an die Rahmenvorgaben des Krankenhauses zu richten, führte nicht zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung.

Dem schließt sich auch das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 19.04.2016 (L 11 R 2428/15) an. Dem LSG genügte es für die Feststellung einer selbständigen Tätigkeit, dass der Bereitschaftsarzt dem Krankenhaus mitteilte, ob und wann er Schichten übernehmen wolle und damit keine ständige Dienstbereitschaftspflicht bestand. Durch Sonntagsdienste mit einer grundsätzlichen Dauer von Sonntag 8:30 Uhr bis Montag 8:30 Uhr ergab sich für das LSG noch kein Weisungsrecht des Krankenhauses. Das LSG stellte klar, dass das fehlende Weisungsrecht hinsichtlich der Dienstzeiten im Rahmen der Gesamtbeurteilung von erheblicher Bedeutung war, denn fachlich besteht bei ärztlichen Tätigkeiten aus der Natur der Sache weitgehend Weisungsfreiheit. Auch die Ausführung der Tätigkeit in den Betriebsräumen der Klägerin ergab sich für das LSG aus der Natur der Sache und stellte daher kein valides Abgrenzungskriterium für eine angestellte Tätigkeit dar. Das nur geringe Unternehmerrisiko spricht nach Ansicht des LSG ebenfalls nicht gegen eine Selbständigkeit. Honorarärzte setzen typischerweise im Wesentlichen ihre Arbeitskraft und weniger Kapital ein. Obwohl also das vereinbarte pauschale Stundenhonorar von 23 bzw. 30 EUR gegen ein Unternehmerrisiko spricht, sollte dies weder ein Argument für noch gegen die Selbstständigkeit sein, weil sich diese Art der Vergütung für Bereitschafts- und Notärzte anbietet.

Freie Wahl der Krankenkasse

Ich habe leider voreilig einen neuen Vertrag bei einer gesetzlichen Krankenkasse abgeschlossen. Die neue Kasse wäre zum 1. Februar für mich zuständig! Kann ich noch vom Vertrag zurück treten?

Nach § 173 SGB V können Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte nach den §§ 5 bis 10 SGB V wählen, ob sie sich bei einer Ortskrankenkasse des Beschäftigungs- oder Wohnorts, einer Ersatzkasse, einer Betriebs- oder Innungskrankenkasse, bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See oder bei der Krankenkasse, bei der der Ehegatte oder der Lebenspartner versichert ist, krankenversichern. Die besonderen Bedingungen für eine Aufnahme regelt jeweils die Satzung der Krankenkasse.

Sie haben mit dem Abschluss des „neuen Vertrages“ Ihr Wahlrecht nach § 175 SGB V ausgeübt. An diese Wahl wären Sie 18 Monate gebunden. Erst danach wäre eine Kündigung zum Ende des übernächsten Kalendermonats möglich. Wegen der absoluten Versicherungspflicht wäre die Kündigung zudem erst wirksam, wenn Sie die Mitgliedschaft in einer anderen gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung nachweisen. Abweichend von der 18-Monatsfrist wäre eine Kündigung des Versicherungsvertrages nur möglich, wenn die Krankenkasse erstmals einen Zusatzbeitrag erhoben oder einen Zusatzbeitrag erhöht hätte. Dann könnte die Mitgliedschaft bis zum Ablauf des Monats, in dem der Zusatzbeitrag erstmals erhoben wird, gekündigt werden.

Sie erklären aber, dass die Versicherung erst zum 01.02.2016 „zuständig“ wird. Ich gehe davon aus, dass Ihre Kündigung des „alten“ Versicherungsvertrages erst zum 31.01.2016 wirksam wird. Unabhängig davon, ob Ihre gesetzliche Versicherungspflicht erstmals zum 01.02.2016 eintritt oder ob Sie innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung unter Einhaltung der Kündigungs- und Bindungsfristen wechseln, besteht noch die Möglichkeit, die bisherige Wahl zu widerrufen und eine andere Kasse zu wählen, weil die Bindung, die durch einen Vertragsbeginn zum 01.02.2016 entsteht, noch gar nicht eingetreten ist.

Tagesspiegel, Rechtsfrage an Denise Paetow, Fachanwältin für Sozialrecht, Januar 2016