Berufsunfähigkeit gehört zum privaten Bereich

Das Landgericht Düsseldorf hat am 20.02.2018 entschieden, dass die Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung und deren Geltendmachung dem privaten Bereich zuzuordnen und deshalb vom Versicherungsschutz einer Rechtsschutzversicherung umfasst sind.

Ein selbstständiger Drucker beantragte bei seinem Rechtsschutzversicherer die Erteilung einer Deckungszusage, um eine Rente aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) einzuklagen. Der Rechtsschutzversicherer verwies darauf, dass die Rechtsverfolgung nicht vom „Kompaktrechtsschutz für Selbstständige“ umfasst sei. Die personenbezogene Vorsorge eines Selbstständigen sei eine Streitigkeit aus dem nicht privaten Bereich und deshalb nicht vom Versicherungsschutz umfasst.

Das hat das Landgericht Düsseldorf anders gesehen. Die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen unterscheiden zwischen dem Bereich der selbstständigen Tätigkeit des Versicherungsnehmers und seinem privaten Bereich. Maßgeblich für die Zuordnung der Interessenwahrnehmung zum selbstständigen Bereich sei, dass ein innerer, sachlicher Zusammenhang von nicht nur untergeordneter Bedeutung zwischen der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen und der unternehmerischen Tätigkeit bestehe. Hierbei sei es nicht ausreichend, wenn die Interessenwahrnehmung durch die selbstständige geschäftliche Tätigkeit lediglich verursacht oder motiviert sei. Das Landgericht hat die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung daher dem privaten Bereich zugeordnet.

LG Düsseldorf Urteil vom 20.02.2018, Az: 9 O 30/17

Ausschlussfrist

OLG Braunschweig, 02.12.2015 – 3 U 62/14

Die fünfjährige Ausschlussfrist für die Geltendmachung der Rechte des Versicherers wegen einer Anzeigepflichtverletzung des Versicherungsnehmers nach § 21 Abs. 3 Satz 1 VVG entfällt nur dann, wenn während des Fristlaufs die versicherungsmäßigen Bedingungen für die Leistungspflicht des Versicherers eintreten. Allein die Geltendmachung eines Leistungsanspruchs durch den Versicherungsnehmer für einen in diese Zeit fallenden vermeintlichen Versicherungsfall genügt hierfür nicht.

Abstrakte Verweisung

OLG Schleswig, 17.12.2015 – 16 U 50/15

Im Rahmen der abstrakten Verweisung in der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ist bei der Prüfung, ob die verwiesene Tätigkeit „der Lebensstellung“ des Versicherten entspricht, eine Gesamtbetrachtung in Bezug auf das Ansehen des Berufes und den konkreten Verdienst anzustellen. Ist mit dem grundsätzlich höher angesehenen Beruf (hier: Selbständiger Hufbeschlagschmied) kein auskömmliches Einkommen zu erzielen, wohl aber mit dem verwiesenen Beruf (hier: Maschinenführer in der Landwirtschaft), ist der Versicherer leistungsfrei.

…der unredliche Agent…

OLG Karlsruhe, 13.08.2015 – 9 U 50/14

Behauptet der Versicherungsnehmer, der Agent habe seine Angaben nicht in den Antrag für eine Berufsunfähigkeitsversicherung aufgenommen mit dem (unzutreffenden) Hinweis, der Versicherer werde vor Annahme des Antrags ohnehin Auskünfte zur Krankengeschichte beim behandelnden Arzt einholen, obliegt es dem Versicherer, diese Darstellung zu widerlegen, wenn er eine arglistige Täuschung durch den Versicherungsnehmer geltend macht.

Es gibt bei der Aufnahme von Versicherungsanträgen keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass ein unredliches Verhalten des Versicherungsnehmers wahrscheinlicher ist als ein unredliches Verhalten des Versicherungsagenten. Vielmehr sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen, wenn der Versicherer behauptet, der Agent habe sich bei der Aufnahme des Antrags korrekt verhalten.

Fehlen in einem Versicherungsantrag für eine Berufsunfähigkeitsversicherung schwerwiegende Vorerkrankungen, deren Bedeutung bei Antragstellung für den Versicherungsnehmer auf der Hand liegt, spricht dies unter Umständen eher für ein unredliches Verhalten des Agenten als für ein unredliches Verhalten des Versicherungsnehmers. Denn der Agent kennt die generelle Praxis des Versicherers, der bei einem späteren Leistungsantrag die gesamte Krankengeschichte des Versicherungsnehmers – auch für die Zeit vor Vertragsschluss – durch Auskünfte sämtlicher in Betracht kommenden Ärzte überprüfen wird, mit der naheliegenden Konsequenz einer Arglistanfechtung.

Mündlich gestellte Gesundheitsfragen

OLG Hamm, 03.02.2015 – 26 U 153/13

Ist das Antragsformular mit den Gesundheitsfragen von einem Versicherungsvertreter ausgefüllt worden, so hat der Versicherer den Nachweis zu führen, dass die Fragen in einer Art und Weise vorgelesen worden sind, die das Ausfüllen des Formulars durch den Versicherungsvertreter einer eigenverantwortlichen Beantwortung durch den Antragsteller vergleichbar erscheinen lassen.

Sind die Antragsfragen korrekt gestellt, so kann sich der Versicherungsnehmer nicht mit der Behauptung entschuldigen, er habe die Fragen nicht verstanden. Ein der deutschen Sprache nicht ausreichend kundiger Ausländer muss sich in Eigeninitiative den Text des Formulars übersetzen lassen. Hat bei der Antragsaufnahme ein Dolmetscher mitgewirkt, so scheidet ein Berufen auf unzulängliche Sprachkenntnisse aus.

Kausalität der Anzeigepflichtverletzung

OLG München, 21.06.2013 – 25 U 4527/11

Beschwerden im Bereich der Zwischenrippen, der Wirbelsäule und des Rücken sowie entsprechende Untersuchungen sind beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung als gefahrerhebliche Umstände anzugeben.

Hatten die Umstände, wegen der die Anzeigepflicht verletzt wurde, keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls und den Umfang der Leistung, so besteht trotz des Rücktritts Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente für die Vergangenheit und die Zukunft.